Antriebsenergien der Zukunft

Der Klimawandel bleibt eine der größten gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen unserer Gesellschaft. Um diese zu meistern, benötigen wir eine sehr rasche und sehr deutliche Reduktion der weltweiten Treibhausgase. Rund drei Viertel dieser Treibhausgase werden in Form von CO2 emittiert. Davon entfallen wiederum knapp ein Viertel auf den Straßenverkehr sowie die Luft- und Schifffahrt. Gelänge es also, den „Transportsektor“ vollständig zu elektrifizieren, könnten nahezu 20 % der globalen Treibhausgase eingespart werden. Zeitzeugen einer 100%igen Elektrifizierung werden zwar nur die wenigsten von uns sein können, die Rahmenbedingungen dafür werden aber nun nach und nach geschaffen.

Mag. Hannes Loacker
Senior-Fondsmanager bei der Raiffeisen KAG

Elektrofahrzeuge auf die Straße bringen

Generell wird das Wachstum von Elektrofahrzeugen in erster Linie durch eine Kombination aus mehr politischer Unterstützung, weiteren Verbesserungen bei der Batteriedichte sowie den Batteriekosten, dem Ausbau der Ladeinfrastruktur und dem steigenden Engagement der Autohersteller getrieben. Der jährliche Absatz von Elektrofahrzeugen (Batterieautos und Plug-in-Hybride) wird nach einer Prognose von Bloomberg New Energy Finance (BNEF) in den nächsten Jahren stark ansteigen, und zwar von 3,1 Millionen im Jahr 2020 auf 14 Millionen im Jahr 2025 sowie 32 Millionen im Jahr 2030. Global gesehen entspräche dies dann in etwa 16 % der gesamten PKW-Neuverkäufe im Jahr 2025 bzw. 34 % im Jahr 2030. Nach Schätzungen von BNEF hätte dann die Flotte an Elektrofahrzeugen eine Größe von knapp 170 Mio.

Damit bis 2050 allerdings der gesamte PKW-Verkehr wirklich zur Gänze elektrifiziert werden wird, müssten bereits im Jahr 2030 zusätzlich rund 50 Mio. Elektroautos auf unseren Straßen fahren. Auch die Bemühungen auf Länderebene fallen sehr unterschiedlich aus. In Deutschland beispielsweise dürften Elektrofahrzeuge bis 2025 fast 40 % der Neuverkäufe ausmachen, während China – der größte Automarkt der Welt – auf einen Anteil von immerhin 25 % kommen könnte. Die USA hinken hier noch etwas hinterher. Allerdings sollte es auch dort ab dem nächsten Jahr dank geänderter politischer Rahmenbedingungen sowie überzeugenderer lokaler Modelle, die ab 2022 auf dem Markt verfügbar sind (insbesondere im Pick-up-Segment), zu einem merklich steigenden Anteil der Elektroautos beim Autoabsatz kommen.

In Deutschland dürften Elektrofahrzeuge bis 2025 fast 40 % der Neuverkäufe ausmachen.

 

Starke Nachfrage bei Halbleiterherstellern

Nicht zuletzt angesichts solcher Prognosen haben sich viele der großen Autobauer mittlerweile – nach einer längeren Findungsphase – zu einer Elektrifizierung ihrer Fahrzeugflotte kommittiert. So plant z. B. Toyota, bereits im Jahr 2025 rund 90 % der neuen Modelle als rein batteriegetriebene Autos (inkl. Brennstoffzelle) bzw. Hybridemodelle auf den Markt zu bringen. Fiat und Volvo haben angekündigt ab 2030 gänzlich auf Verbrennungsmotoren zu verzichten. Audi hat einen solchen Schritt für 2033, GM für 2035 angekündigt, um hier nur einige Beispiele zu nennen. Von diesen Entwicklungen und speziell von den Plänen der großen Autobauer profitiert auch so mancher Autozulieferer. Speziell Unternehmen, die im Halbleitergeschäft tätig sind, sehen ihre Produkte stark nachgefragt, da sich der Halbleiteranteil an einem Auto mit einem steigenden Elektrifizierungsgrad deutlich erhöht. So kann z. B. mit Siliziumkarbid-Halbleitern die elektrische Leitfähigkeit erhöht werden. Dadurch geht weniger Energie verloren, oder anders ausgedrückt kann dadurch Energie eingespart werden.

 

Norwegen und China bei Schnellladestationen führend

Damit das rasante Wachstum bei der E-Mobilität nicht ins Stocken gerät, muss klarerweise auch massiv in die Ladeinfrastruktur investiert werden. Im letzten Jahr ist die Anzahl der Ladestationen laut BNEF weltweit um 48 % auf knapp 1,4 Mio. gestiegen. Aber es bedarf nicht nur einer größeren Anzahl an Ladestationen per se, vielmehr muss auch die Zahl der sogenannten Schnellladestationen im Verhältnis zur Gesamtzahl ausgeweitet werden. Hier stehen China und Norwegen mit einem Anteil von 38 % bzw. 30 % am besten da. Während in den USA mit Tesla und ChargePoint zwei Unternehmen den Markt bei den Ladestationen dominieren, ist der Markt in Europa deutlich fragmentierter. In den Top Ten der größten Betreiber befinden sich vier Versorgungsunternehmen, zwei Öl- und Gasunternehmen, zwei reine Ladebetreiber und ein Automobilhersteller. In China wiederum entfallen 74 % auf die größten drei Anbieter des Landes.

Batterien spielen beim Wachstum der E-Mobilität ebenfalls eine sehr wichtige Rolle. Die durchschnittlichen Preise für Lithium-Ionen-Akkus sind von 2010 bis 2020 real um fast 90 % gesunken und tragen somit einen wichtigen Teil dazu bei, dass Elektroautos gegenüber Verbrennungsmotoren immer wettbewerbsfähiger werden.

 

Wasserstoff bei schweren Nutzfahrzeugen

Aber nicht nur rein batteriebetriebene Autos werden in den nächsten Jahrzehnten bei der Dekarbonisierung des Verkehrs eine Rolle spielen. Aus heutiger Sicht sollte auch die Brennstoffzelle einen wichtigen Part einnehmen. Im PKW-Bereich zwar weniger – hier haben die batteriebetriebenen Autos schon alleine aufgrund der höheren Wirkungsgrade, aber auch aufgrund der niedrigeren Produktionskosten die Nase deutlich vorne. Und das wird sich auf absehbare Zeit auch nicht ändern. Im Bereich der schweren Nutzfahrzeuge sollten mit Wasserstoff betankte Fahrzeuge aber durchaus ihren Platz haben. Neben einer höheren Reichweite profitieren sie von einem deutlich geringeren Gewicht im Vergleich zu einem mit Batterie angetriebenen LKW. Die deutlich geringeren Ladezeiten, die nur unwesentlich höher als jene bei Verbrennungsmotoren sind, sind ein weiteres Argument für die Brennstoffzelle.

Bei Bussen, Zügen, Schiffen und in weiterer Zukunft im Flugverkehr sollte Wasserstoff ebenfalls eine immer bedeutendere Rolle einnehmen können. Gabelstapler können schon jetzt mit „grünem“ Wasserstoff wirtschaftlich betrieben werden und werden von Unternehmen wie Amazon und Walmart schon in größerer Zahl eingesetzt. Setzt man also auf das Thema Elektrifizierung des „Transportsektors“ und möchte von dem hohen Wachstum in diesem Segment profitieren, kann es durchaus interessant sein, sich auch das Thema Wasserstoff etwas näher anzusehen.

Der Vollständigkeit halber sei hier aber noch angemerkt, dass die Elektrifizierung allein nur eine Seite der Medaille darstellt. Es muss auch sichergestellt sein, dass batteriebetriebene Autos letzten Endes zu 100 % mit grünem Strom (aus Solar, Wind und Wasserkraft) versorgt werden, um hier den maximal möglichen Beitrag zur CO2-Reduktion leisten zu können. Andere Aspekte wie der dafür notwendige Abbau z. B. von Kobalt, Nickel und Lithium gilt es aus ökologischer und nachhaltiger Sicht ebenfalls zu berücksichtigen.

 

Weitere Informationen: CO2-Emissionen von Autos: Zahlen und Fakten