Arbeitswelt 4.0

Virtuelle Round-Table-Diskussion über die Auswirkungen von Digitalisierung und Automatisierung auf die Arbeitswelt

Virtuelle Round-Table-Diskussion mit den Teilnehmern:

  • Mag.a Julia Bock-Schappelwein, Senior Economist, Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO)
  • Mag. Bernd Kiegler, Fondsmanager des Raiffeisen-Technologie-Aktien, Raiffeisen KAG
  • Prof. Dr. Peter G. Kirchschläger, Leiter des Instituts für Sozialethik (ISE), Universität Luzern
  • DI Stefan Petsch, Leiter des SIMEA-Werks, Siemens AG Österreich

Mag. (FH) Dieter Aigner
Geschäftsführer Raiffeisen KAG und Moderator der Diskussion

Mag. (FH) Dieter Aigner

Dieter Aigner: Der technologische Fortschritt und seine Auswirkungen auf die Arbeitswelt beschäftigen die Menschen schon seit Jahrhunderten. Auch die Industrie 4.0 – die vierte industrielle Revolution – führt zu massiven gesellschaftlichen Umbrüchen. Können Sie, Herr Petsch, uns vielleicht einen Einblick gewähren, wie Industrie 4.0 in der Praxis funktioniert?

Stefan Petsch: Die Digitalisierung hat zu einer Flexibilisierung in den Produktionsstätten geführt, die wir so in der Vergangenheit noch nicht hatten. Sie ermöglicht es uns, genau das zu produzieren, was der einzelne Kunde möchte. Wobei es einen „Digital Twin“ zu dem zu produzierenden Produkt gibt. Das heißt, ich kann diesen Zwilling auf Computersystemen bis ins Detail darstellen und der Kunde kann gleich dort seine konkreten Wünsche und Änderungen einbringen oder diese selbst direkt dort umsetzen: Farben wechseln, Ausrichtungen ändern und natürlich vieles mehr. Für uns als Produzent ist das kein Mehraufwand, weil die Maschinen in der Produktion diese neuen Informationen automatisch übertragen bekommen. Das heißt, es gibt bei der Spezifikation eine digitale Datendurchgängigkeit zum Kunden, aber auch zu den Lieferanten.

 

Bedeutet das das Ende von Prototypen?

Stefan Petsch: Ja, der ressourcenintensive Aufwand, Prototypen herzustellen, fällt dadurch weg und wir haben schnellere Prozesse. Hinzu kommen die dahinterstehenden Simulationsmöglichkeiten. Noch bevor das Produkt entsteht, können wir Kunden schon zeigen, wie leistungsfähig ihr Produkt sein wird, mit welchem Stromverbrauch zu rechnen ist, welche Kosten im Betrieb anfallen und sogar wie teuer die spätere Verschrottung sein wird.

 

Wie verläuft die Produktion in einem derartigen Umfeld?

Stefan Petsch: In der Produktion selbst werden die Entscheidungen dezentralisiert. Das heißt, die Daten des Produkts werden an die Maschinen verteilt und jede Maschine sucht sich den Teil heraus, der für sie relevant ist. In der Folge meldet sie sich mit der Information, dass sie zum Beispiel zum Lackieren oder Fräsen bereit ist. Es braucht keine starren Verbindungen mehr zwischen den Maschinen in der Produktionskette, sondern je nach Kapazität und Bedarf wechseln die Roboter zwischen den Maschinen und können damit das Produkt oder Teile davon flexibel disponieren, für die Bearbeitung abholen oder sie dem nächsten Arbeitsschritt zuführen. Das ist im Prinzip die Revolution, die jetzt stattfindet: extreme Flexibilität bei der Automatisierung.

DI Stefan Petsch
Leiter des SIMEA-Werks, Siemens AG Österreich

Wo, wenn überhaupt, werden Menschen in der Fabrik der Zukunft noch gebraucht?

Stefan Petsch: Maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz sind Systeme, die ein Limit haben. Am Ende braucht es Menschen, die die Dinge greifbar machen, die die Daten interpretieren und die richtigen Schlüsse ziehen und dann Entscheidungen treffen, die uns wieder weiterbringen.

 

Aus Produzentensicht hört sich das alles sehr gut an. Wie stellt sich das Bild dar, wenn man auf den Arbeitsmarkt blickt?

Julia Bock-Schappelwein: Das WIFO hat bereits vor drei Jahren Unternehmen in Österreich dazu befragt, welche Auswirkungen Automatisierung und der Einsatz digitaler Technologien auf die Produktion der Betriebe hierzulande haben, und da haben einige Unternehmen geantwortet, dass sie durch Automatisierung und den Einsatz digitaler Technologien Produktionen bzw. Produktionsschritte in Österreich halten konnten. Wenn man sich die unselbständige Beschäftigung in Österreich genauer ansieht und dabei zurück bis 1995 geht, dann zeigt sich ein sehr stabiles Verhältnis zwischen Berufen mit überwiegend Routine- und Nicht-Routine-Tätigkeiten – ungefähr 40:60. Verändert hat sich allerdings das Verhältnis zwischen Berufen mit überwiegend manueller und nichtmanueller Tätigkeit. Dieses lag Mitte der 1990er Jahre noch bei 50:50 und hat sich bis ins Jahr 2019 auf 60:40 hin in Richtung nichtmanueller Tätigkeiten auseinanderentwickelt.

 

Mit welchen Folgen?

Julia Bock-Schappelwein: Die Beschäftigung in Berufen mit überwiegend interaktiven, analytischen und hochqualifizierten Nicht-Routine-Tätigkeiten hat stark zugenommen und die manuelle Routinearbeit ist zurückgegangen. Bereits in den strukturschwachen Jahren 2012 bis 2015 ist in Österreich die manuelle Routinearbeit weggebrochen, mit einem Anstieg an Arbeitslosigkeit unter gering qualifizierten Männern als Folge. Das zeigt, die Veränderungsprozesse, von denen wir reden oder die wir erwarten, sind bereits vor Jahren in Gang gesetzt worden. Da ist schon sehr viel passiert, vor allem in der Produktion in Österreich. Dass sich Arbeitsplätze und Tätigkeiten verändern, ist nichts Neues, nur die Geschwindigkeit, mit der das passiert, ist neu.

Mag.a Julia Bock-Schappelwein
Senior Economist, Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO)

Was bedeutet das in Bezug auf die berufliche Qualifizierung? Die Ausrüstung von Schulen mit Laptops allein kann es ja wahrscheinlich nicht gewesen sein …

Julia Bock-Schappelwein: Das nicht, aber ich würde sehr wohl bei der Schule ansetzen. Nämlich im Bereich der Basiskompetenzen. Gerade in einer Zeit, wo wir nicht wissen, wie es weitergeht, sind ausreichend Basiskompetenzen in Lesen, Schreiben, Rechnen unerlässlich. Hier muss sehr viel getan werden, auch im Bereich des Weiterbildungssystems braucht es neue Ansätze, um die Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitskräfte zu erhalten. Das Aus- und Weiterbildungssystem hat hier eine zentrale Rolle. Aber nicht nur es. Wenn wir von Wettbewerbsfähigkeit sprechen, braucht es eben auch die Möglichkeit des Upskilling in Unternehmen. Wobei einem bewusst sein muss, dass nicht jedes Unternehmen gleich tickt und Klein- und Mittelbetriebe anders agieren müssen als große, auch aufgrund der Rahmenbedingungen, denen sie verhaftet sind.

 

Was passiert aus ethischer Sicht mit dem Menschen, wenn Arbeit wegfällt?

Peter G. Kirchschläger: Dazu muss man überhaupt einmal näher beleuchten, welche Funktion die bezahlte berufliche Aufgabe erfüllt. Aus individueller Perspektive gehört dazu das Selbstverständnis. Ein Beispiel: Sie gehen zu einem Empfang und man fragt Sie, was Sie machen. Die wenigsten werden sagen, ich spiele gerne Fußball oder ich gehe gerne Ski fahren. Die allermeisten werden ihre berufliche Tätigkeit ins Spiel bringen oder eine Aus- oder Weiterbildung. Das ist schon ein erstes Indiz dafür, welche große Rolle die bezahlte berufliche Aufgabe für unser Selbstverständnis spielt. Gleichzeitig ist sie auch sinnstiftend, also eine Quelle des Sinns unseres Daseins. Wenn man anteilsmäßig unsere Lebenszeit mit der Zeit, die wir in bezahlter beruflicher Tätigkeit verbringen, ins Verhältnis setzt, dann ist diese sehr hoch. Wenn wir dabei auch noch berücksichtigen, dass auch die Zeit vor der Arbeit – nämlich Schule und Ausbildung – und auch jene nach der Arbeit – also das Renten- und Pensionsalter – wesentlich von der Zeit unserer beruflichen Arbeit abhängig ist, ist das ein ganz zentraler Faktor. Und auch die Freizeit ist von der bezahlten beruflichen Aufgabe beeinflusst, weil die diesbezüglichen Möglichkeiten natürlich stark davon abhängen, ob man viel verdient, wenig verdient oder gar nichts verdient. Und dann kommt die soziale Dimension ins Spiel. Denn wir dürfen auch nicht unterschätzen, wie viel von sozialer Integration und sozialer Inklusion am bezahlten beruflichen Arbeitsplatz hängt, wie viele Freundschaften dort geschlossen werden.

 

Das klingt in Anbetracht der zu erwartenden Entwicklung doch bedrohlich.

Peter G. Kirchschläger: Wir können davon ausgehen, dass in nicht allzu ferner Zukunft junge Menschen gar nie in eine bezahlte Tätigkeit hineinkommen werden und daher diese Einbindung in die Gesellschaft auf diesem Weg nicht mehr passieren kann. Mir geht es nicht darum, das zu stoppen, sondern es uns vor Augen zu führen. Weil, wenn der berufliche Arbeitsplatz diese Funktionen nicht mehr erfüllen kann, wie kriegen wir dann Sinnstiftung hin? Wie kriegen wir soziale Integration und Inklusion hin?

Bernd Kiegler: Sie gehen also davon aus, dass wir in Zukunft deutlich weniger Arbeitsplätze haben werden? Das ist aber nicht unbedingt das, was uns die Geschichte lehrt. Auch in den letzten 150, 200 Jahren hat technischer Wandel permanent stattgefunden – nicht in der Geschwindigkeit, das ist richtig. Aber auch wenn in manchen Bereichen Arbeitsplätze weggefallen sind, so ist durch die Effizienzsteigerung sehr viel mehr Wachstum geschaffen worden. Dadurch sind auch sehr viel mehr Arbeitsplätze entstanden. Heute stehen wahrscheinlich nicht nur absolut, sondern auch relativ sehr viel mehr Menschen im Arbeitsleben, trotz der vielen Innovationen.

Peter G. Kirchschläger: Es gibt einige Argumente, die den technologiebasierten Wegfall von bezahlten beruflichen Aufgaben nahelegen: Wenn wir uns die Zielsetzung der digitalen Transformation und des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz vor Augen führen, dann geht es darum, den Menschen möglichst aus den Prozessen herauszuholen, ihn aus Effizienzüberlegungen möglichst wenig beziehungsweise gar nicht zu involvieren. Wenn ich das mit den selbstlernenden Potenzialen verknüpfe, die Herr Petsch erwähnt hat, dann liegt es nahe, dass es den Menschen bald auch für Tätigkeiten, wo wir ihn jetzt noch benötigen, nicht mehr brauchen wird. Darüber hinaus können wir beobachten, dass sich Globalisierung und Digitalisierung gegenseitig massiv verstärken. Auch das ein wesentlicher Unterschied zu früheren technologiebasierten Wandelepochen. Digitale Transformation betrifft nicht wie früher nur berufliche Aufgaben im Bereich von wenig oder gar keiner beruflichen Qualifikationsvoraussetzung, sondern nahezu alle beruflichen Aufgaben, natürlich in unterschiedlicher Intensität. Ein Beispiel dafür sind die Roboter in der Chirurgie, die sieben Tage die Woche 24 Stunden am Tag ohne Kater, Müdigkeit, schlechte Laune oder Liebeskummer chirurgische Eingriffe vornehmen können.

Prof. Dr. Peter G. Kirchschläger
Leiter des Instituts für Sozialethik (ISE), Universität Luzern

Wenn Arbeit wegfällt, wo werden die Menschen dann Lohn, Sinn und Selbstverständnis generieren?

Peter G. Kirchschläger: Aus ethischer Perspektive kann ein bedingungsloses Grundeinkommen einige Funktionen von bezahlter Arbeit, beispielsweise die finanzielle Absicherung, und auch eine gewisse Form der Teilhabe an der Gesellschaft abdecken. Das aus unserer – nämlich der ethischen – Perspektive Relevante ist jedoch: Sehr viele Funktionen kann es eben nicht erfüllen, die relevant für die Menschenwürde sind.

 

Sie haben ein Modell entwickelt, wie es doch funktionieren könnte.

Peter G. Kirchschläger: Mein Modell „Society-, Entrepreneurship-, Research-Time-Model (SERT)“ sieht ein höheres finanzielles Grundeinkommen vor als die bisherigen Modelle. Gleichzeitig muss jeder und jede, der oder die es in Anspruch nimmt, persönlich an den gesamtgesellschaftlichen Aufgaben mitwirken. In Analogie zum schweizerischen Zivildienst kann diese Aufgabe selbstbestimmt gewählt werden: Das kann die Mithilfe in landwirtschaftlichen Betrieben sein, die Pflege von älteren Menschen oder ein Engagement im Bereich Flucht und Migration. Der Zeitumfang für diese soziale Tätigkeit ist für alle gleich hoch. Aber jene Menschen – und das ist entscheidend –, die sich im Unternehmertum, in der Forschung und bei Innovation engagieren, werden entweder gänzlich befreit oder müssen einen geringeren Zeitaufwand investieren. Unser Modell geht über die finanzielle Absicherung hinaus und garantiert ein menschenwürdiges Leben. Es versucht zudem, den Menschen im Arbeitsprozess ganzheitlicher wahrzunehmen und Anreize für Unternehmertum und Innovation zu setzen.

 

Die Industrie 4.0. ist auch ein wichtiges Investmentthema. Welche Branchen sind da im Entstehen, welche besonders erfolgreich?

Bernd Kiegler: Die Industrie 4.0 spielt eine ganz wesentliche Rolle für Anleger, denn darunter fallen viele Teilbereiche des Technologiesektors und es tummeln sich neben den ganz großen Playern wie Microsoft, Google oder Amazon auch sehr viele kleinere Firmen in dem Bereich. Viele Unternehmen, wie Zscaler, Splunk, Nvidia, Akamai oder AMD, weisen sehr starke Wachstumsraten auf und rollen mit ihren innovativen Produkten den Markt auf. Dazu zählen insbesondere Unternehmen, die in der Entwicklung, der Herstellung oder dem Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen im Zusammenhang mit Soft- und Hardware, IT-Zubehör, Telekommunikation und Halbleiter tätig sind. Cloud-basierte Unternehmen, die sich mit Daten- und Internetsicherheit wie beispielsweise Zugangskontrollen und Identitätsprüfungen befassen, profitieren vom digitalen Wandel und sicherlich auch von der Covid-19-Pandemie. Natürlich spielt auch der 5G-Ausbau eine ganz wesentliche Rolle. Die digitale Simulation – der bereits erwähnte digitale Zwilling – ist ebenfalls ein ganz wichtiges Thema für die Industrie 4.0 und natürlich auch der Bereich Künstliche Intelligenz. Auch hier findet starkes Wachstum statt.

Mag. Bernd Kiegler
Fondsmanager des Raiffeisen-Technologie-Aktien, Raiffeisen KAG

Welche Rolle spielt dabei Nachhaltigkeit? Ist das bei derartigen Investments überhaupt Thema?

Bernd Kiegler: Ja, denn wir schauen nicht nur auf das potenzielle Wachstum eines Unternehmens, sondern auch darauf, welche länger- oder mittelfristigen Risiken mit einem Investment verbunden sind. Und damit meine ich nicht nur, ob eine Firma nachhaltig handelt, ihre Produkte entsprechend herstellt und mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gut umgeht, sondern auch, welche Auswirkungen die Produkte einer Firma auf die Gesellschaft haben. So etwas richtig zu beurteilen, das muss ich ehrlich zugeben, ist oft sehr schwierig bis teilweise fast unmöglich. Manchmal braucht es einige Zeit, um zu erkennen, dass ein Unternehmen gegen ökologische oder arbeitsrechtliche Regeln verstößt. Es gibt bekannte Beispiele für Firmen, die zwar vom digitalen Wandel profitieren, sich aber nicht an das arbeitsrechtliche Regelwerk halten und deshalb auch laufend in Prozesse verstrickt sind. In solche Unternehmen investieren wir genau aus Nachhaltigkeitsüberlegungen nicht. Derartige Regelverstöße sind nicht nur aus sozialen und arbeitsrechtlichen Überlegungen problematisch, sondern sind es auch aus Investitionsüberlegungen. In manchen Fällen ist es sehr schwierig, die langfristigen Implikationen der Produkte vor allem auf die Gesellschaft abzuschätzen, gerade im Bereich der Künstlichen Intelligenz ist das der Fall.

 

… in Bezug auf Arbeitsplätze zum Beispiel?

Bernd Kiegler: Im Bereich der Künstlichen Intelligenz wird sehr viel darüber diskutiert, inwiefern sie menschliche Experten ersetzen kann oder wird. Ich sehe Künstliche Intelligenz nicht als Jobkiller, sondern denke, dass sie hilft, das Expertenwissen der jeweiligen Fachkraft zu erweitern. Ich sehe das im Sinne einer Augmented Artificial Intelligence, die etwa den versierten Arbeiter unterstützen kann, fehlerfrei, wie ein Experte zu arbeiten. Insgesamt bin ich nicht so pessimistisch, was die Auswirkungen der Automatisierung auf den Arbeitsmarkt betrifft. Denn es ist sehr einfach zu erkennen, welche Jobs durch Automatisierung wegfallen werden, aber es ist bedeutend schwieriger vorauszusehen, welche Jobs durch den digitalen Wandel entstehen werden. So ist beispielsweise in der Vergangenheit durch das starke wirtschaftliche Wachstum aufgrund technologischer Innovation ein enormer Aufbau bei buchhalterischen Berufen notwendig geworden. Die Anzahl der Beschäftigten in diesem Segment ist massiv gestiegen. Anderseits ist im landwirtschaftlichen Bereich die Anzahl an Beschäftigten stark zurückgegangen. Ich bin überzeugt, dass auch in der aktuellen technologischen Epoche ganz neue Berufe entstehen werden.

 

Wie stellt sich das Thema Nachhaltigkeit aus der Produktionsperspektive dar?

Stefan Petsch: Wenn ich nicht auf Vorrat produzieren muss, das heißt am Ende vielleicht einen Teil der Produktion verschrotte, sondern 1:1 den Kundenbedarf produzieren kann, dann ist das im Sinne der Nachhaltigkeit. Auch die Simulation am digitalen Zwilling spart jede Menge Energie und Material, weil keine Prototypen produziert werden müssen. Darüber hinaus kann ich mir auch ansehen, wie sich das Produkt am nachhaltigsten verschrotten lässt. Es ist klar dokumentiert, aus welchen Teilen das Produkt besteht und wie sich die Materialien wieder trennen lassen. Und wenn ich die Wertschöpfung wieder näher an den Verbraucher bringen kann, lassen sich auch die Lieferketten verkürzen und die Transportkosten und der Energieverbrauch verbessern.

 

Was bleibt nun also für den Menschen in einem Arbeitsprozess übrig, in dem Digitalisierung unersetzlich geworden ist?

Julia Bock-Schappelwein: All das, was uns von Algorithmen unterscheidet. Also die Problemlösungskompetenz, die Kommunikationsfähigkeit, das Lösen von unstrukturierten Problemen, alles, was nicht standardisiert ist. Die große Herausforderung, vor der wir stehen, ist, gut darauf vorbereitet zu sein.

Erfahren Sie mehr in unserem Nachhaltigkeitsmagazin NACHHALTIG INVESTIEREN – Ausgabe 29 zum Thema Digitalisierung.

Fotos: Alexander Mueller, Pia Morpurgo, ISE, Andi Bruckner