Beirat für nachhaltige Investments Alfred Strigl

Alfred Strigl

Mitglieder des Nachhaltigkeitsbeirats der Raiffeisen KAG im Wordrap

Dipl.-Ing. Dr. Alfred Strigl
Managing Partner & Gründer von plenum: sustainability · change · impact

Geprägt haben mich …

… meine Kindheit als Bauernbub im Tiroler Ötztal. Mit meinem Opa, dem Ötztaler Kräutermandl und Heilpraktiker, war ich viel in der Natur und habe ihre Sprache hören und sprechen gelernt. Dann ist da noch die Liebe zur Musik. Wir haben von einer Wiener Tante einen Stutzflügel geschenkt bekommen. Auf dem habe ich stundenlang meditativ gespielt, lange bevor ich wusste, dass es das Wort Meditation überhaupt gibt. Und schließlich haben mich meine Lebenserfahrungen während des Studiums der Biochemie, im Privaten wie in der Wirtschaft, geprägt. Dabei durfte ich immer wieder von Fehlern lernen und erfahren, dass nach dem Fallen auch immer wieder das Aufstehen kommt.

 

Für Nachhaltigkeit engagiere ich mich seit …

… ich denken kann. Meine Wurzeln liegen in den Bergen und im Wald ebenso wie bei den Menschen. Ich hatte und habe noch immer ein wunderbares Elternhaus, liebend, ehrlich und fürsorgend. Deshalb ist Nachhaltigkeit für mich kein reines Umweltprogramm. Ohne das Engagement und das Herz der Menschen taugen die besten Nachhaltigkeitsbemühungen nichts. In den 1980er Jahren an der Technischen Universität Graz habe ich von meinem geschätzten Professor Anton Moser erstmals das Wort Nachhaltigkeit gehört. Und ich habe mir gedacht, dass das doch das Normalste der Welt sei. In wenigen Jahren, war ich damals überzeugt, würden wir Menschen auf den Nachhaltigkeitspfad zurückkehren. Da war ich wohl zu optimistisch.

 

Mein persönliches Projekt im Sinne von Nachhaltigkeit ist …

… die Entwicklung und das Werden des Menschen. Das klingt hochtrabend und philosophisch und dennoch ist es ganz elementar. Wie denke, fühle und rede ich? Was mache ich? Wofür mache ich es? Welche Werte und Haltungen zeichnen mich aus? Das versuchen wir in all unseren Projekten mit Unternehmen und Menschen einzuüben – eine ethische Praxis der Nachhaltigkeit. Derzeit befinde ich mich gleich in mehreren spannenden Projekten. Mit meinem Freund, dem Künstler Emmerich Weissenberger, bewahre ich einen Flecken Regenwald in Zentralkolumbien vor der ultimativen Abholzung. Mit der Umdasch Group darf ich eine ungemein spannende integrierte Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln, die über das Bewerten von sechs Kapitalarten völlig neue Maßstäbe setzt. Und in meinem Privatleben lerne ich mich in einem Co-Housing-Wohnprojekt mit 80 Menschen durch die ständige Projektions- und Integrationsarbeit selbst immer besser kennen.

 

Die Finanzindustrie kann in puncto Nachhaltigkeit viel bewegen, weil …

… Geld das wunderbarste und großartigste Hilfsmittel ist, das die Menschheit derzeit in Händen hält. Die Macht und Kraft dieses Mediums sickert gerade erst ins Bewusstsein der Menschen. Ich behaupte, dass, was das Vermögen eines dauerhaft guten, nachhaltigen Umgangs mit Geld anbelangt, ganz viele Menschen monetäre Analphabeten sind. Und diese Menschen befinden sich auch und vor allem in der Finanzwirtschaft. Ich durfte in Sachen Geld-Alphabetisierung viel von meinem Mentor, Peter John König aus Zürich, lernen. Er hat mich in seine Geld- und Quellenarbeit eingeführt, also ins reflektierte Wahrnehmen, was meine Beziehung zu Geld ist, was Geld für mich bedeutet, was wir mit Geld alles anrichten, wenn wir es unbewusst, taub und tumb einsetzen – und schließlich, was Geld im Positiven zu bewegen im Stande ist.

 

Meine Aufgabe im Beirat sehe ich darin, …

… meine externe, oft herausfordernde und provokante Sichtweise einzubringen. Das mache ich vor allem, um Leidenschaft zu entfachen und das Herzblut in Wallung zu bringen. 15 Billionen US-Dollar, ein Fünftel des Welt-Bruttoinlandsprodukts des Jahres 2018, würde die Welt gemäß einer Studie der Internationalen Agentur für erneuerbare Energien bis zum Jahr 2050 brauchen, um weitgehend auf erneuerbare Energien umzustellen. Das sind lächerliche 480 Milliarden US-Dollar weltweit pro Jahr. Mehr nicht. Allein durch eine CO2-Steuer mit einer flächendeckenden Besteuerung des CO2-Ausstoßes von 70 US-Dollar pro Tonne würden allein in den G20-Ländern mindestens 630 Milliarden pro Jahr an Einnahmen lukriert werden. Geld ist da. Wir müssen nur den politischen Mut haben, es für das Richtige, Lebensbejahende einzusetzen.

 

In zehn Jahren …

… lebe ich, was meinen CO2-Footprint angeht, auf noch leichterem Fuß. Vielleicht werde ich ja dann klimapositiv sein. Seit Jahren esse ich kein Fleisch mehr. Doch das tue ich ganz und gar nicht aus ökologischen Gründen, sondern aus Gründen des Leides, das ich keiner lebenden Kreatur antun will. Ich habe als Jugendlicher Tiere töten dürfen, bei Schlachtungen. Anschließend haben wir dann die Tiere zerlegt und weiterverarbeitet. Wenn ich das heute selbst nicht mehr machen will, kann ich mich ethisch nicht vom Leid freikaufen, wenn ich das einer Auftragsindustrie überlasse. In punc­to CO2 kompensiere ich viele meiner Flugmeilen im Kompensationssystem der Universität für Bodenkultur Wien. Das führt dazu, dass ich weiterhin fliege. Ich fliege und tue gleichzeitig etwas Gutes – nämlich ins eigene Regenwaldprojekt investieren. Das macht Sinn und Spaß.

 

Ich glaube daran, dass …

… wir mehr Mut, Freude und Liebe – explizit in der Wirtschaft – brauchen, um die nur scheinbar übergroße Transformation hinein in die nachhaltige Welt zu schaffen. Ich bin überzeugt, dass es im Nachhinein viel einfacher gelungen sein wird, als wir es uns heute vorstellen, und dass der neuerlernte, nachhaltige Umgang mit Geld und damit auch die Finanzindustrie einen ganz wesentlichen Beitrag dazu geleistet haben werden.

NACHHALTIGKEITSBEIRAT

Da sich das Verständnis von Nachhaltigkeit dynamisch verändert, ist uns der laufende Dialog mit Stakeholdern besonders wichtig. Die Raiffeisen KAG hat daher einen Beirat für nachhaltiges Investment eingerichtet.
Der Nachhaltigkeitsbeirat unterstützt die Entwicklung und Weiterentwicklung des Gesamtkonzepts im Bereich der nachhaltigen Investments. Seine Mitglieder sind unabhängige Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Kirche, Unternehmen und der Raiffeisen-Organisation. Insbesondere berät der Beirat bei der Entwicklung von Kriterien für die Nachhaltigkeitsbewertung von Investments. Dazu zählen auch auf Unternehmen und staatliche Emittenten bezogene Ausschlusskriterien. Darüber hinaus kann der Beirat auch Anregungen zu Unternehmensdialogen geben und nachhaltige Aspekte von Produkt- und Assetklassen diskutieren.