Buchtipp: „35 Euro gegen die Klimakatastrophe“

„35 Euro gegen die Klimakatastrophe“

Gernot Wagner, Dozent an der Columbia University mit österreichischen Wurzeln, und Martin L. Weitzman, Professor an der Harvard University, betrachten in ihrem aktuellen Buch „Klimaschock“ denselben mit der Brille der Ökonomie.

Manche verzichten auf den Fleischkonsum und Flugreisen, die Jugend demonstriert, die Wissenschaft forscht und publiziert, die Politik hält besorgte Sonntagsreden; Ökonomen rechnen. Und was da so berechnet wird, kann einem schon den Schlaf rauben.

Es dürfte sich inzwischen – Greta sei Dank – herumgesprochen haben, dass wir drauf und dran sind, das Klimaziel von maximal 2 Grad globaler Erwärmung im Vergleich zu vorindustriellen Werten zu überschreiten, und laut Weltklimarat auf Werte von 2 bis 3,5 Grad zusteuern. Eine Erwärmung bei der – worauf die Autoren immer wieder hinweisen – historisch Kamele wandelten, wo heute Tundra ist. Allerdings zeigen die Berechnungen, dass Extremszenarien, wie etwa die Überschreitung von 6 Grad, sehr unwahrscheinlich sind, was aber immer noch eine Chance von ungefähr 10 % impliziert.

Ökonomen sagen dann, dass dieses 10 %-Szenario ein fast sicheres Desaster wäre, das den Klimawandel sehr kostspielig machen würde. Die geneigte Leserschaft hofft an dieser Stelle, dass möglichst viele Menschen, vor allem Politikerinnen und Politiker sowie Wirtschaftstreibende, diese Fakten kennen und umgehend danach handeln. Denn, und das machen die Autoren ganz deutlich, bei Maßnahmen Einzelner wird es nicht bleiben können, es braucht ganz entschiedenes Eingreifen der Politik.

An erster Stelle steht dabei ein fairer Preis für Kohlendioxid als Hauptverursacher der Klimakatastrophe. Wo der richtige Preis liegt, weiß heute niemand. Vorgeschlagen werden 35 Euro pro Tonne, ein Wert den (ausgerechnet) die US Regierung ermittelt hat. Er ist wahrscheinlich zu niedrig und sicher nicht zu hoch, aber er ist ein Anfang. Wie wir die gewünschten Lenkungseffekte erreichen und dabei gleichzeitig gesellschaftlich faire Wege gehen, kann die Ökonomie nicht beantworten und wird daher nur gestreift.

Breitem Raum wird dem Thema Geo-Engineering eingeräumt, wobei hier nicht die Technik oder gar die Moral ins Zentrum der Überlegungen gestellt werden, sondern simple Kosten-Nutzen-Überlegungen. Denn genau diese stellen auch Entscheidungsträger in den Vordergrund und lassen allzu oft mögliche Risiken, die zum Teil nicht bezifferbar sind, dabei außen vor. Umso wichtiger ist es, mögliche Auswirkungen genau zu analysieren und in Geld zu bemessen. Dass Geo-Engineering, z. B. in Form der Nutzung von Sulfatpartikeln, die ähnlich wie bei Vulkanausbrüchen für eine Verminderung des Treibhauseffektes sorgen können, umgesetzt werden wird, daran lassen die Autoren kaum einen Zweifel.

Die Klimakatastrophe ist das bestimmende Thema unserer Generation. Die Ökonomie sagt dazu: Verlangen Sie die politisch notwendigen Änderungen – allen voran die Bepreisung von Kohlendioxid. Bereiten Sie sich auf das Schlimmste vor (und kaufen Sie sich kein Haus am Meer). Berücksichtigen Sie Investments, die den richtigen Pfad unterstützen. Diese werden die rentableren sein.

Autorin: Sabine Macha

Klimaschock
Die extremen wirtschaftlichen Konsequenzen des Klimawandels
Gernot Wagner
Martin L. Weitzman
Ueberreuter, 256 Seiten