Die EU-Taxonomy

EU-Taxonomy

Ökologische Nachhaltigkeit aus Sicht der EU-Regulierung

Mag. Isabella Kamptner
Regulation, Tax and Compliance der Raiffeisen KAG

 

Im März 2018 hat die Europäische Kommission den Aktionsplan „Finanzierung nachhaltigen Wachstums“ veröffentlicht. Eines der Ziele dieses Aktionsplanes ist es, „die Kapitalflüsse auf nachhaltige Investitionen umzulenken, um ein nachhaltiges und integratives Wachstum zu erreichen.“ Zu diesem Zweck und im Sinne des Funktionierens des Binnenmarkts soll in der Europäischen Union ein gemeinsames Verständnis des Begriffs „nachhaltig“ gelten. Daher soll ein einheitliches Klassifikationssystem (die sogenannte „Taxonomie“) festgelegt werden, welche Tätigkeiten nachhaltig sind. Dieses Klassifikationssystem wird – bezogen auf ökologische Nachhaltigkeit – in der „Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen“ geregelt.

Damit wird der Rahmen vorgegeben, den die Mitgliedstaaten und die Europäische Union bei der Einführung von Kennzeichnungen für nachhaltige Finanzprodukte berücksichtigen müssen. So sollen etwa auch für als ökologisch nachhaltig vermarktete Unternehmensanleihen („Green Bonds“) einheitliche Anforderungen gelten. Das sogenannte „Greenwashing“, sprich die bloße Behauptung ein Produkt sei umweltfreundlich, soll damit hintan gehalten werden.

 

KRITERIEN ZUR EINSTUFUNG DER NACHHALTIGKEIT

Am Beispiel der Umweltziele Klimaschutz und Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sollen die Kriterien für die Einstufung einer Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig im Folgenden kurz beschrieben werden.

Unter „Klimaschutz“ ist dabei „die Vorgehensweise, den Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur deutlich unter 2 °C zu halten und Anstrengungen zu seiner Begrenzung auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu unternehmen, wie im Übereinkommen von Paris festgelegt“, zu verstehen.

„Verschmutzung“ im Sinne der Verordnung ist „die durch menschliches Handeln direkt oder indirekt bewirkte Zuführung von Schadstoffen in Luft, Wasser oder Boden; im Bereich der Meeresumwelt Verschmutzung im Sinne des Artikels 3 Nummer 8 der Richtlinie 2008/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates; im Bereich der Wasserumwelt Verschmutzung im Sinne des Artikels 2 Nummer 33 der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates.“

Für die Einstufung einer Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig wird jedenfalls vorausgesetzt, dass diese einen wesentlicher Beitrag zur Verwirklichung eines oder mehrere Umweltziele leistet und nicht gleichzeitig zu einer eheblichen Beeinträchtigung eines oder mehrerer (anderer) Umweltziele führt („do not harm“-Prinzip). Das entspricht auch der Definition „nachhaltiger Investitionen“ nach der Offenlegungs-Verordnung.

 

BEITRAG ZUM KLIMASCHUTZ

Die Vermeidung oder Verringerung von Treibhausgasemissionen und die Verstärkung des Abbaus von Treibhausgasen – unter anderem – durch

  • Erzeugung, Übertragung, Speicherung, Verteilung oder Nutzung erneuerbarer Energien im Einklang mit der Richtlinie (EU) 2018/2001, unter anderem durch den Einsatz innovativer Technologien mit Potenzial für erhebliche zukünftige Einsparungen oder durch eine notwendige Netzverstärkung oder -erweiterung,
  • Steigerung der Energieeffizienz (ausgenommen Stromerzeugungstätigkeiten, bei denen feste fossile Brennstoffe verwendet werden),
  • Ausbau sauberer oder klimaneutraler Mobilität,
  • verstärkter Rückgriff auf umweltverträgliche Technologien der CO2-Abscheidung und -Nutzung (CCU) bzw. der CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS), die Nettoemissionsminderungen bei den Treibhausgasen bewirken,
  • Stärkung von CO2-Senken auf dem Land, unter anderem durch Verhinderung von Entwaldung und Waldschädigung, durch Wiederherstellung von Wäldern, durch nachhaltige Bewirtschaftung und Wiederherstellung von Ackerflächen, Grünflächen und Feuchtgebieten, durch Aufforstung und durch regenerative Landwirtschaft,
  • Erzeugung sauberer und effizienter Kraftstoffe aus erneuerbaren oder CO2-neutralen Quellen

stellen einen solchen Beitrag zum Klimaschutz dar.

Umgekehrt liegt eine wesentliche Beeinträchtigung des Klimaschutzes vor, wenn eine Tätigkeit zu erheblichen Treibhausgasemissionen führt.

 

UMWELTVERSCHMUTZUNG VERMEIDEN UND VERMINDERN

Ein Beitrag zur Vermeidung und Verminderung von Umweltverschmutzung wird unter anderem geleistet durch:

  • Vermeidung oder, sofern dies nicht durchführbar ist, Verringerung der Emissionen von Schadstoffen mit Ausnahme von Treibhausgasen in Luft, Wasser oder Boden,
  • Verbesserung der Luft-, Wasser- oder Bodenqualität in den Gebieten, in denen die Wirtschaftstätigkeit stattfindet, und Minimierung der negativen Auswirkungen und Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt,
  • Vermeidung oder Minimierung nachteiliger Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt bei der Herstellung, Verwendung und Beseitigung von Chemikalien,
  • Beseitigung von Abfällen und sonstigen Schadstoffen

Führt eine Tätigkeit hingegen – im Vergleich zur Lage vor Beginn der Tätigkeit – zu einem erheblichen Anstieg der Schadstoffemissionen in Luft, Wasser oder Boden, liegt eine erhebliche Beeinträchtigung vor. Gerade aus österreichischer Sicht stellt sich die Frage wie in diesem Zusammenhang die Kernenergie beurteilt wird. Trotz aller Bedenken – von radioaktivem Abfall bis zu Unfällen die in der Vergangenheit zu schwerwiegendsten Umweltkatastrophen geführt haben – wird diese Form der Energiegewinnung in der vorliegenden Regulierung nicht grundsätzlich ausgenommen.

Technischen Evaluierungskriterien für die Beurteilung, ob ein wesentlicher Beitrag zum Erreichen eines Umweltziels geleistet wird oder diese erheblich beeinträchtigt werden, sind derzeit in Ausarbeitung.

Die Bestimmungen der Verordnung sollen bezogen auf die Umweltziele des Klimaschutzes und der Anpassung an den Klimawandel ab 31. Dezember 2021 gelten, bezogen auf die anderen Umweltziele ab 31. Dezember 2022. Die delegierten Rechtsakte zur Festlegung der technischen Evaluierungskriterien sollen jeweils zwölf Monate davor erlassen werden, sodass ihr rechtzeitiges Inkrafttreten sichergestellt ist.

Die EU legt damit eine umfassende Leitlinie zur ökologischen Nachhaltigkeit vor, die weltweit Beachtung finden und einen maßgeblichen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel und seine negativen Effekte auf Menschen und Umwelt leisten wird.

1 https://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/1/2018/DE/COM-2018-97-F1-DE-MAIN-PART-1.PDF
2 Stand: 7. Februar 2020 https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CONSIL:ST_5830_2020_ADD_1&from=DE
3 Weitere Umweltziele im Sinne der Verordnung sind: Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressoucen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft sowie Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme.
4 „die durch menschliches Handeln direkt oder indirekt bewirkte Zuführung von Stoffen oder Energie — einschließlich vom Menschen verursachter Unterwassergeräusche — in die Meeresumwelt, aus der sich abträgliche Wirkungen wie eine Schädigung der lebenden Ressourcen und der Meeresökosysteme einschließlich des Verlusts der Artenvielfalt, eine Gefährdung der menschlichen Gesundheit, eine Behinderung der maritimen Tätigkeiten einschließlich der Fischerei, des Fremdenverkehrs und der Erholung und der sonstigen rechtmäßigen Nutzung des Meeres, eine Beeinträchtigung des Gebrauchswerts des Meerwassers und eine Verringerung der Annehmlichkeiten der Umwelt oder generell eine Beeinträchtigung der nachhaltigen Nutzung von Gütern und Dienstleistungen des Meeres ergeben oder ergeben können.“
5 „die durch menschliche Tätigkeiten direkt oder indirekt bewirkte Freisetzung von Stoffen oder Wärme in Luft, Wasser oder Boden, die der menschlichen Gesundheit oder der Qualität der aquatischen Ökosysteme oder der direkt von ihnen abhängenden Landökosysteme schaden können, zu einer Schädigung von Sachwerten führen oder eine Beeinträchtigung oder Störung des Erholungswertes und anderer legitimer Nutzungen der Umwelt mit sich bringen“
6 Verordnung (EU) 2019/2088 des europäsichen Parlamentes und des Rates vom 27. November 2019 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (ABl L 317 9.12.2019 S 1- 16)