Eine intakte Biodiversität bildet die Grundlage für nachhaltige Ökosysteme und letztendlich auch für langfristig funktionierende Wirtschaftskreisläufe. Die Bedeutung der Artenvielfalt und des Erhalts von Lebensräumen nimmt mittlerweile einen zentralen Stellenwert auf der politischen Ebene der Europäischen Union (EU) ein. Diese hat sich die Erreichung der Klimaneutralität bis 2050 auf ihre Fahnen geschrieben. Die hierfür notwendige weitreichende Transformation der Realwirtschaft ist im europäischen Grünen Deal verankert. Er soll Europa zu einer nachhaltigen, ressourcenschonenden und wettbewerbsfähigen Wirtschaft verhelfen. Die für die Transformation erforderlichen Investitionen werden zu einem Drittel von der öffentlichen Hand getragen. Der große Rest soll allerdings durch den privaten Sektor aufgestellt werden. Hierfür werden im EU-Aktionsplan zur „Nachhaltigen Finanzierung“ notwendige Rahmenbedingungen geschaffen, die Finanzströme effektiv Richtung nachhaltiger Investitionen umleiten, Nachhaltigkeit ins Risikomanagement integrieren sowie Transparenz und Langfristigkeit erhöhen.
Mag.a Magdalena Quell
Produkt- und Projektmanagerin bei der Raiffeisen KAG

Der EU-Aktionsplan umfasst etliche Bausteine – in seinem Kern ist die EU-Taxonomie verankert. Diese ist ein standardisiertes, wissenschaftsbasiertes Klassifikationssystem, um nachhaltige wirtschaftliche Aktivitäten zu definieren. Was steckt nun dahinter? Die EU-Taxonomie zielt darauf ab, die Definition von Nachhaltigkeit zu vereinheitlichen und das Risiko des sogenannten Greenwashings einzuschränken. Die Taxonomie stellt keine Verpflichtung zu nachhaltigen Investitionen dar, sondern dient dazu, anhand von festgelegten Prüfkriterien zu bestimmen, welche Investitionen als „grün“ bzw. nachhaltig gelten dürfen. Kapitalmarktnotierte Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmenden müssen im Zuge der nichtfinanziellen Berichterstattung den Anteil nachhaltiger Aktivitäten offenlegen. Betrachtet werden dabei Umsätze, Betriebskosten und Investitionen. Dies gilt ab 1. Jänner 2022 für die ersten beiden Taxonomie-Ziele, die restlichen vier Ziele treten ein Jahr später in Kraft.
Die sechs Umweltziele der EU-Taxonomie

Wirtschaftliche Tätigkeiten werden anhand dreier Schritte geprüft und müssen gleichzeitig die von der technischen Expertengruppe für nachhaltige Finanzen (TEG) entwickelten, wissenschaftlich fundierten Evaluierungskriterien erfüllen:
- Wesentlicher Beitrag zu mindestens einem Umweltziel
- „Do no significant harm“ in Bezug auf andere Umweltziele
- Erfüllung bestimmter Mindestanforderungen
Derzeit umfasst die Taxonomie drei Gruppen an Tätigkeiten: nachhaltige, förderliche (ermöglichen wichtige klimaschonende Tätigkeiten) sowie Übergangstätigkeiten (als Übergang zu einer klimafreundlicheren Ausgestaltung). Die Taxonomie schließt dezidiert Tätigkeiten im Bereich fossiler Energieträger (Kohle) aus. Die Handhabung von Atomenergie und fossilem Gas ist noch nicht endgültig geklärt. Hier spricht sich die TEG dagegen aus, diese Kategorien als nachhaltig zu erfassen. Allerdings ist der Widerstand auf Ebene mancher Mitgliedsstaaten sehr hoch. Mit einer Klärung dieser Streitfrage wird im Verlauf des zweiten Quartals 2021 gerechnet.
Die EU-Taxonomie beschränkt sich derzeit auf grüne, also ökologische Ziele. Darüber hinaus arbeiten Projektgruppen bereits an einer Sozialen Taxonomie. Diese soll auf drei Säulen beruhen – Einhaltung der Menschenrechte, Governance und angemessene Lebensbedingungen für alle. Ein erster Entwurf wird für das dritte Quartal 2021 erwartet.