Sind Sie glücklicher Eigentümer eines Einfamilienhauses in Österreich und haben schon einmal daran gedacht, Ihre bisher leerstehende Dachfläche zu nützen und sich eine „Solaranlage“ anzuschaffen? Dann haben Sie sich bestimmt die Frage gestellt, in welcher Form von Energie Sie denn die auf das Dach eintreffenden Sonnenstrahlen nutzbar machen möchten, denn Solaranlage ist nicht gleich Solaranlage.
Carmen Kuster, CAIA, MSc Renewable Energies
Nachhaltigkeitsspezialistin bei der Raiffeisen KAG

Solarthermische Nutzung
Der Ausdruck „Solaranlage“ ist tatsächlich unpräzise, da es zwei verschiedene Möglichkeiten gibt, Solarenergie mit einer hauseigenen Anlage zu nützen. Die erste Möglichkeit ist eine solarthermische Nutzung, bei welcher die Sonnenenergie in Wärme umgewandelt wird. Eine solarthermische Anlage besteht aus Solarkollektoren, die am Dach installiert werden, einem Solarspeicher und einem Heizgerät. In den Solarkollektoren zirkuliert eine sogenannte Solarflüssigkeit, die von der Sonne erwärmt und über Rohrleitungen in den Solarspeicher geführt wird. Dort überträgt sie die Wärme der Sonne auf das von Ihnen genützte Trinkwasser mithilfe eines Wärmetauschers. Ein Solarkombi- oder ein Multifunktionsspeicher gibt zudem Wärme an den Heizkreislauf ab und kann das Heizgerät somit entlasten. Hierbei fließt die Solarflüssigkeit ebenfalls durch einen Wärmetauscher und gibt die Wärme an einen Pufferspeicher ab. Mit einer Solarthermieanlage können Sie also Ihr Warmwasser aufbereiten und Ihr aktuelles Heizungssystem (z. B. Gasbrennwertkessel oder Wärmepumpe) unterstützen.
Photovoltaik
Die zweite Möglichkeit ist die Installation einer Photovoltaikanlage (kurz PV-Anlage). Der Begriff Photovoltaik wird aus den Wörtern „Photo“ (aus dem Griechischen „photós“ für Licht) und „Volta“ (nach dem italienischen Physiker Alessandro Volta, der als Begründer der Elektrizitätslehre gilt, ist Volt heute die Einheit für elektrische Spannung) gebildet und steht für die Umwandlung von Sonnenenergie in Elektrizität. Eine PV-Anlage besteht aus mehreren Solarmodulen sowie einem Wechselrichter, der den erzeugten Gleichstrom in den im Haushalt verwendeten Wechselstrom umwandelt. Überschreitet die Produktion der Anlage den zur gleichen Zeit bestehenden hauseigenen Strombedarf, so kann dieser entweder gegen eine Gebühr ins öffentliche Stromnetz eingespeist oder in einem Solarstromspeicher – ähnlich einer Batterie oder einem Akku – gespeichert und später genutzt werden.
Grafik: Schema – Nutzung Solarthermie vs. PV-Anlage

Solarthermie – „von hero to zero“?
Während solarthermische Energie das höchste Potenzial bei den erneuerbaren Heiz- und Kühltechnologien ausweist, liegt ihr Anteil weltweit immer noch weit unter einem Prozent – mit dem Hintergrund rückläufiger oder stagnierender Solarthermiemärkte auch in Europa, die seit 2008 kein Wachstum mehr verzeichnen konnten.
Wie eingangs erwähnt, kann man in einem Einfamilienhaus den durchschnittlichen Warmwasserwärmebedarf (WWWB) solarthermisch völlig abdecken, den Heizwärmebedarf (HWB) jedoch nur zu einem Teil. Das ist darauf zurückzuführen, dass in Wohngebäuden in Mittel- und Nordeuropa die Raumheizung noch immer für den weit größeren Teil des gesamten Wärmebedarfs verantwortlich ist. Während Sie in Österreich nur 12,8 kWh/m2a für den Warmwasserwärmebedarf benötigen, liegt der Bedarf für Heizwärme für ein unsaniertes Einfamilienhaus bei 170,2 kWh/m2a – hier ist das Verhältnis 1:13. Im sanierten Zustand liegt der Heizwärmebedarf immer noch bei durchschnittlich 67 kWh/m2a, nur sehr effiziente Neubauten erreichen einen HWB von unter 50 kWh/m2a.
Dass sich die vollständige Abdeckung des Raumheizwärmebedarfs durch eine Solarthermieanlage als herausfordernd gestaltet, könnte einer der Gründe für die stagnierende Nachfrage sein. Da in Mittel- und Nordeuropa die Sonneneinstrahlung im Winter deutlich niedriger ist als im Sommer, würde die saisonale Mitnahme der im Sommer generierten Wärmeenergie in den Winter die Installation eines sehr großen Speicherwassertanks erfordern.

Photovoltaik – eine „never ending (success) story“?
Während der Ausbau solarthermischer Anlagen stagniert, boomt der Ausbau auch privater Photovoltaikanlagen weltweit. Da die Preise für neue PV-Anlagen in den letzten Jahren extrem gefallen sind, zählt die Photovoltaik inzwischen in den meisten Ländern zu den preiswertesten Arten der Stromerzeugung. Rund 45 Prozent der Kapazitäten zur Stromerzeugung, die im Jahr 2019 weltweit errichtet wurden, entfielen auf Photovoltaik. Die weltweit kumulierte installierte PV-Leistung lag 2020 bei über 760 Gigawatt (GW) und wird in den nächsten zwei Jahren in die 1.000-Gigawatt- bzw. Terrawatt-Ära eintreten. 2050 werden wir ein Vielfaches dieser Leistung haben: Schätzungen gehen von 30 bis 70 Terrawatt (TW) aus.
PV-Anlagen bestehen aus mehreren Solarmodulen, die sich wiederum aus Solarzellen zusammensetzen. Solarzellentypen lassen sich nach ihrer Struktur in zwei grundlegende Gruppen einteilen: kristalline (monokristalline und polykristalline) Zellen und Dünnschichtzellen. Bei Dachanlagen auf Einfamilienhäusern haben sich Module mit kristallinen Solarzellen zum Standard entwickelt.
Wie viel Strom Sie nun mit einer eigenen PV-Anlage produzieren können, hängt nicht nur von der Größe Ihrer Anlage, sondern auch von Faktoren wie Standort, Ausrichtung und Dachneigung ab. Moderne Photovoltaikmodule haben Leistungen zwischen 275 und 400 Watt. Ein Watt (W) installierte Photovoltaikleistung in Österreich bei südlicher Ausrichtung des PV-Moduls auf einem Dach mit 30 Grad Neigung erzeugt durchschnittlich jährlich etwa eine Kilowattstunde (kWh) Strom. Daher erzeugt ein Photovoltaikmodul eine jährliche Strommenge von etwa 275 bis 400 Kilowattstunden.
Wenn Sie selbst eine Anlage dimensionieren möchten und eine Abschätzung treffen möchten, ob Ihre Dachfläche für Ihr angestrebtes Produktionsziel reicht und welchen Beitrag eine Speicherlösung für die Abdeckung des Eigenbedarfs leisten würde, können Sie z. B. in Wien mittlerweile auf kostenfreie Tools wie den Solarrechner von https://pvaustria.at/sonnenklar_rechner/ zugreifen.
Photovoltaik aus Nachhaltigkeitssicht
Zwei Aspekte, die aus Nachhaltigkeitssicht und im Rahmen von Life-Cycle-Analysen von Photovoltaikanlagen näher unter die Lupe genommen werden, sind die folgenden:
a) Wie hoch ist eigentlich der Energieaufwand zur Herstellung von Solarmodulen?
Oft wird von PV-Kritikern argumentiert, dass bei der Herstellung von Solarmodulen (Weltmarktführer ist China) immer noch fossile Energieträger zum Einsatz kommen. Die Frage stellt sich, wie schnell dieser Energieaufwand und der daraus resultierende CO2-Ausstoß beim Betrieb der PV-Anlage (bei welchem keinerlei schädliche Abgase ausgestoßen werden!) kompensiert werden kann. Hierbei hilft die Betrachtung der energetischen Amortisationszeit (engl. Energy-Payback-Time, EPBT), welche angibt, in welcher Zeit eine PV-Anlage die Energie eingebracht hat, die für die Herstellung benötigt wurde. Diese Amortisationszeit ist zwar stark abhängig von ertragsbestimmenden Faktoren wie die zur Anwendung kommende PV-Technologie sowie deren Wirkungsgrad und dem Standort der Anlage, jedoch belegen diverse Studien, dass sie bei kristallinen Solarmodulen im Durchschnitt bei 2–3 Jahren liegt.
b) Was passiert mit alten, ausrangierten PV-Modulen?
Wie jedes andere technische Bauteil weisen auch PV-Module eine begrenzte Lebensdauer auf und werden rund 25–40 Jahre zur Stromproduktion eingesetzt. Aufgrund stetig wachsender Mengen an installierten PV-Anlagen gewinnt die Auseinandersetzung mit dem Recycling von PV-Modulen international an Bedeutung. Ein von IEA PVPS (Technologieprogramm der Internationalen Energieagentur) und International Renewable Energy Agency (IRENA) 2016 veröffentlichter Bericht prognostiziert, dass der Abfall von PV-Modulen bis 2030 kumuliert auf 1,7–8 Millionen Tonnen und bis 2050 kumuliert auf 60–78 Millionen Tonnen ansteigen könnte. Würden diese auf der Mülldeponie landen, wäre Solarenergie eine nicht mehr ganz so nachhaltige Energiequelle. Die EU hat diese Problematik erkannt und die EU-Richtlinie zum Recycling von Elektronikschrott 2002/96/EG dahingehend überarbeitet, dass auch PV-Module unter diese Richtlinie fallen. Die Richtlinie 2012/19/EU, meist als WEEE-Richtlinie bezeichnet, definiert PV-Module als Elektroschrott und regelt die Entsorgung von PV-Modulen innerhalb der Europäischen Union. Diese sieht vor, dass 85 % der verkauften Module gesammelt und zu 80 % recycelt werden müssen.
Erfahren Sie mehr in unserem Nachhaltigkeitsmagazin NACHHALTIG INVESTIEREN – Ausgabe 33 zum Thema Energiewende.