Nachhaltigkeit durch Mitwirkung der Aktionäre

Interview mit Univ. Lektor Mag. Dr. Heinz Macher
Leiter der Abteilung Regulation, Tax & Compliance der Raiffeisen Kapitalanlage GmbH,
Fachautor und Vortragender, Mitglied in nationalen und internationalen Arbeitsgruppen zum Thema Sustainable Finance,
Preisträger der International Fiscal Association (IFA) für seine Dissertation zum Europarecht

Heinz Macher

Die Europäische Union hat am 17. Mai 2017 die sogenannte Aktionärsrechte-Richtlinie in der zweiten Auflage verabschiedet. Nun geht es darum, diese Richtlinie in den EU-Mitgliedstaaten bis zum 10. Juni 2019 umzusetzen, so auch in Österreich.

 

Was hat die Aktionärsrechte-Richtlinie mit Nachhaltigkeit zu tun?

Sehr viel. Die Aktionäre sind die Eigentümer des Unternehmens und haben mehr Einflussrechte als man zunächst glauben mag. Über ihre Stimmrechte können sie das Unternehmen mitgestalten. Immer mehr sind die Aktionäre aufgerufen, diese Rechte auch tatsächlich wahrzunehmen, um Nachhaltigkeit im Sinne ökologischer, sozialer und Governance-Faktoren im Unternehmen einzufordern. Mit Governance ist in diesem Zusammenhang eine verantwortungsvolle Unternehmensleitung gemeint, beispielsweise die Hintanhaltung von Korruption und Bestechung oder eben die Erreichung nachhaltiger Ziele. Was ein Anleger möglicherweise nicht vermag, das vermögen die institutionellen Anleger als Stellvertreter vieler Anleger. Daher nimmt die EU mit der Aktionärsrechte-Richtlinie diese institutionellen Anleger ins Visier. Das sind Versicherungen, Pensionskassen und auch Fondsgesellschaften, sie veranlagen viel Geld für ihre Kunden und verfügen so über viele Stimmrechte. Diese Stimmrechte sollen – idealerweise im Sinne der Nachhaltigkeit – genutzt werden.

 

Wie schafft es die Aktionärsrechte-Richtlinie, dieses Ziel zu erreichen?

Vor allem durch eine bessere Kommunikation zwischen dem Unternehmen und seinen Aktionären. Die Aktionärsrechte-Richtlinie baut eine Brücke zwischen ihnen. Die Unternehmen bekommen das Recht, ihre Aktionäre zu kennen. Steht zwischen dem Unternehmen und dem Aktionär ein Mittelsmann, etwa eine Bank, so ist diese verpflichtet, alle zweckdienlichen Informationen zur Ausübung der Stimmrechte zu übermitteln. Kurz gesagt: es soll deutlich leichter werden, die Stimmrechte auszuüben.

 

Eine wirksame und nachhaltige Mitwirkung der Aktionäre ist einer der Eckpfeiler des Corporate-Governance-Modells börsennotierter Gesellschaften.

 

Und die institutionellen Anleger – wie sind diese betroffen?

Die institutionellen Anleger müssen sich erklären, wie sie eine verstärkte Mitwirkung in den Unternehmen, wie den Dialog mit der Unternehmensleitung oder die Ausübung von Stimmrechten, in die Anlagestrategie integrieren. Letztlich soll dadurch eine Win-win-Situation entstehen: das betroffene Unternehmen soll nachhaltiger agieren, der Wert des Unternehmens und damit der Veranlagungserfolg des Kunden soll steigen.

 

Das Thema Vergütung ist ein Dauerbrenner – bringt die Aktionärsrechte-Richtlinie diesbezüglich etwas Neues?

Ja, auch diesbezüglich erhalten die Aktionäre mehr Rechte. So können sie mindestens alle vier Jahre über die Vergütungspolitik für die Unternehmensleitung abstimmen, beispielsweise über Bonuskriterien oder die Rückforderungsrechte bei Boni. Die Gesellschaften werden verpflichtet, einen Vergütungsbericht zu erstellen, in dem die Vergütungspolitik des abgelaufenen Jahres ausführlich erläutert wird. Auch dadurch soll die Unternehmenspolitik nachhaltiger werden.