Unternehmensstimmen zum Thema Demografischer Wandel

Die Alterung der Gesellschaft stellt sowohl den öffentlichen als auch den privaten Sektor vor große Herausforderungen. Speziell die gesundheitliche Behandlung und Betreuung älterer Menschen ist eine der Kernaufgaben, die es zu bewältigen gilt. Der Gesundheitssektor ist demnach einer der vom demografischen Wandel am stärksten betroffenen, gleichzeitig aber auch profitierenden Sektoren.

Andreas Perauer, MSc
Mitarbeiter des Nachhaltigkeitsteams bei der Raiffeisen KAG

Andreas Perauer

Die Engagement-Aktivitäten des Nachhaltigkeitsteams von Raiffeisen Capital Management beim Thema demografischer Wandel beinhalten den Dialog mit einigen der größten börsennotierten Unternehmen der Medizintechnik-Branche. Dabei wurden folgende Fragen beantwortet:

 

Wie wirkt sich der demografische Wandel auf Ihr Unternehmen aus? Inwieweit profitieren Sie davon und welchen positiven Impact können Sie leisten?

Philips, ein niederländischer Anbieter von Gesundheitstechnologie und Haushaltsgeräten, sieht die wachsende alternde Bevölkerung, die zunehmende Belastung durch chronische Krankheiten und die steigenden Ausgaben in Entwicklungsmärkten als wesentliche Einflussfaktoren auf das Unternehmen an. Ziel ist es, bis 2025 die Gesundheit und das Wohlbefinden von 2 Milliarden Menschen positiv zu beeinflussen, davon 300 Millionen, die in unterversorgten Gemeinden beispielsweise in Afrika leben. Der US-amerikanische Konzern Stryker, einer der weltweit größten Hersteller von orthopädischen Implantaten wie Fuß- und Sprunggelenke, erkennt im demografischen Wandel ebenfalls einen wesentlichen Inputfaktor für seine Produkte und Dienstleistungen. Der verfolgte kundenorientierte Forschungs- und Entwicklungsansatz, dezentrale Geschäftsabläufe sowie diverse Spezialistenteams sind alle auf die Entwicklung klinisch differenzierter Lösungen ausgerichtet, die die verschiedenen Bedürfnisse sowohl der Patienten als auch des Versorgungspersonals erfüllen sollen. Dazu zählt eben auch ein Fokus auf die demografischen Veränderungen auf Patientenebene. Das britische Unternehmen Smith & Nephew, ebenso führend im Bereich der Orthopädie, sieht seine Chance in der positiven Erwartungshaltung der Menschen gegenüber der Gesundheitsbranche. Die Menschen wollen ein aktives Leben führen und eine hohe Lebensqualität haben, und zwar unabhängig vom Alter. Mit neu entwickelten Technologien möchte Smith & Nephew genau dort ansetzen und die Grenzen des Möglichen verschwimmen lassen. Coloplast, spezialisiert in den Bereichen Stoma- und Kontinenztherapie, versorgt mit seinen Produkten bereits Millionen von Menschen, beobachtet gleichzeitg aber auch einen ständig steigenden Bedarf. Aus Nachhaltigkeitssicht sieht das dänische Unternehmen darin eine große Herausforderung, denn mehr Menschen zu helfen bedeutet gleichzeitig auch, mehr Produkte herzustellen und damit potenziell die Umweltbelastung zu erhöhen. Coloplast stellt sich dieser Herausforderung und setzt sich selbst strenge Nachhaltigkeitsziele, um so beispielsweise die Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad und dadurch die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung und das Ziel des Pariser Klimaabkommens zu unterstützen.

 

Nehmen Sie signifikante geografische Unterschiede wahr, auf die Sie sich einstellen müssen?

Das Gesundheitswesen und die Bedürfnisse der Patienten können je nach Region erheblich variieren, sowohl bei der Erbringung der Versorgung als auch bei der Regulierung. Dementsprechend müssen Unternehmen ihren Ansatz stetig anpassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Zimmer Biomet, ein weiterer großer Anbieter von orthopädischen Implantaten mit Sitz in den USA, bietet beispielsweise unabhängig von der geografischen Lage die gleichen Produkte in derselben Qualität an, stellt in weniger entwickelten Ländern aber zusätzlich sicher, dass notwendige Schulungen für Chirurgen angeboten werden, damit die Produkte sicher und effektiv eingesetzt werden. Smith & Nephew unterstützt in entwickelten Märkten vor allem die Verbesserung der Effizienz und der Effektivität von Gesundheitssystemen, sodass Operationen in einer rationalisierten und integrierten Umgebung durchgeführt werden können. In Entwicklungsmärkten bietet der Konzern seine Lösungen zu angepassten, wettbewerbsfähigen Preisen an und führt ein aktives Produktspendenprogramm durch. Dadurch soll Menschen ein Zugang zu Gesundheitstechnologie ermöglicht werden, denen er sonst verwehrt bleiben würde. Auch für Coloplast ist es eine Herausforderung, sich an die lokalen Unterschiede der beinahe 100 Länder, in denen das Unternehmen operiert, anzupassen. Umso wichtiger ist es, globale Prinzipien und Richtlinien anzuwenden, die der wirtschaftlichen Tätigkeit, unabhängig von Länderspezifika, einen geeigneten Rahmen bieten.

 

Der demografische Wandel wirkt sich auch auf die Qualifikationsanforderungen an die Mitarbeiter aus. Wie gehen Sie mit diesem Risiko für aktuelle und zukünftige Mitarbeiter um?

Der demografische Wandel stellt für Unternehmen sowohl Chancen als auch Herausforderungen dar, die es angemessen zu managen gilt. Die Menschen leben und arbeiten länger, während die Mitarbeiterfluktuation vor allem innerhalb jüngerer Generationen nachweislich höher ist als in der Vergangenheit. Die Strategie von Coloplast zur Bewältigung dieser Herausforderungen umfasst drei wesentliche Bereiche: eine gesunde Balance zwischen neuen und bestehenden Mitarbeitern, die Weiterentwicklung des vorhandenen Humankapitals und die Inklusion und Vielfalt der Belegschaft. So sollen die richtigen Talente gewonnen und gehalten, die bestehenden Mitarbeiter weiterentwickelt und folglich die Anpassungsfähigkeit des Unternehmens an sich stetig ändernde Umstände sichergestellt werden. Im Bereich Vielfalt achtet Coloplast auf drei wesentliche Merkmale: Geschlecht, Herkunft und Generation. Speziell das letzte Kriterium spricht für eine vielfältige Belegschaft über alle Generationen hinweg. Zimmer Biomet verfolgt einen ähnlichen Ansatz. Während bestehenden Mitarbeitern Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten am und abseits des Arbeitsplatzes geboten werden, führte das Unternehmen vor kurzem eine Richtlinie für virtuelle Arbeitsplätze ein, die es ermöglichen soll, neue und bisher ungenutzte Talentpools anzuziehen und zu engagieren. So soll sichergestellt werden, dass das Unternehmen in eine sichere Zukunft geführt werden kann. Als multinationales Unternehmen rekrutiert Philips Talente aus der ganzen Welt und verfügt derzeit über 81.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 120 Ländern. Um das Bewusstsein für die verschiedenen Möglichkeiten bei Philips zu schärfen, integriert die Firma sogenannte Experience Maps, welche die Erfahrungen beschreiben, die Mitarbeitende in strategischen Rollen entwickeln bzw. sich in Vorbereitung auf solche Rollen aneignen können. Dies ermöglicht funktionsübergreifende, traditionelle und unkonventionelle Karrierechancen.

Erfahren Sie mehr in unserem Nachhaltigkeitsmagazin NACHHALTIG INVESTIEREN – Ausgabe 31 zum Thema Demografischer Wandel.