Unternehmensstimmen zum Thema Plastik

Eine Medaille hat bekanntlich zwei Seiten – das gilt auch für das Thema Plastik. Auf der einen Seite ist Plastik durch seine vielen wichtigen Eigenschaften in unterschiedlichen Bereichen unabdingbar. Es ist leicht, beständig, geruchlos, transparent und hitzebeständig, was es speziell für die Bereiche Medizin, Elektronik, Transport, Bauen und Wohnen sowie Verpackungen besonders attraktiv macht. Auf der Kehrseite stehen die negativen Auswirkungen auf die Umwelt, die Tiere und auch auf den Menschen.

Andreas Perauer, MSc
Mitarbeiter des Nachhaltigkeitsteams bei der Raiffeisen KAG

Andreas Perauer

Die Engagement-Aktivitäten des Nachhaltigkeitsteams von Raiffeisen Capital Management beim Thema Plastik beinhalten den Dialog mit einigen der größten börsennotierten Unternehmen der (Petro-)Chemiebranche. Folgende Fragen wurden gestellt:

 

In welchem Ausmaß beschäftigt sich Ihr Unternehmen mit Kunststoffen? Auf welche Kunststoffe konzentrieren Sie sich? Spüren Sie eine steigende oder rückläufige Nachfrage bei Ihren Kunststoffprodukten?

Kunststoffe werden aus Rohstoffen wie Kohle, Erdgas oder Erdöl gewonnen. Um gewisse Produkteigenschaften zu erreichen, werden Zusatzstoffe wie Weichmacher, Flammschutzmittel oder Verstärkungsstoffe eingesetzt. Die von uns im Rahmen des Engagement-Prozesses kontaktierten Unternehmen beschäftigen sich mit genau diesen Vorgängen. BASF beispielsweise ist einer der weltweit führenden Produzenten von funktionellen Hochleistungsmaterialien. Das Portfolio des Unternehmens umfasst fossile, biobasierte und biologisch abbaubare Kunststoffe. BASF glaubt an weiteres Wachstum in diesem Geschäftsbereich, da dieser stark mit dem globalen Wirtschaftswachstum verbunden ist. Dieser Meinung ist auch die OMV, deren Tochterunternehmen Borealis einer der führenden Hersteller von Polyolefinen, der Basis einer Reihe von Kunststoffanwendungen, ist. Sie vermutet das Wachstum vor allem in der Region Asien-Pazifik.

 

Trotz der guten Eigenschaften von Plastik haftet ein negatives Image daran – insbesondere aufgrund der Umweltverschmutzung. Wie lautet Ihre Meinung zu diesem Thema?

Wenngleich derartige Produkte nicht in ihren Sortimenten vorkommen, machen sowohl die Schweizer EMS-Gruppe als auch Lanxess aus Deutschland einfache Plastikverpackungen und Einwegplastikprodukte als die größten Sünder im Bereich Umweltverschmutzung aus. Beide Unternehmen weisen auf den großen Unterschied zu den von ihnen produzierten langlebigen Plastikanwendungen hin. Der niederländische Chemieriese LyondellBasell ist davon überzeugt, dass Kunststoffe insgesamt den besten ökologischen Fußabdruck bieten. Gleichzeitig müsse sich aber die Abfallbewirtschaftung verbessern und sichergestellt werden, dass Kunststoffe den Voraussetzungen einer Kreislaufwirtschaft entsprechen.

 

Haben Sie bereits Initiativen ergriffen, um Ihre Prozesse auf umweltfreundlichere Kunststoffe umzustellen?

Das italienische Energieunternehmen Eni verfolgt durch sein Tochterunternehmen Versalis eine Strategie der Kreislaufwirtschaft, die auf drei Säulen basiert. An erster Stelle steht die Diversifikation im Rohstoffeinsatz, um die richtige Balance zwischen traditionellen Quellen, erneuerbaren Rohstoffen und Sekundärrohstoffen zu finden. Die zweite Säule befasst sich mit Öko-Design zur Steigerung der Ressourceneffizienz. Die dritte Säule stellt schließlich das Recycling von Polymeren durch den Einsatz innovativer Technologien dar. Auch für die OMV ist das Thema Kreislaufwirtschaft ein wichtiges. Mit seinem Re-Oil-Patent schafft es das Unternehmen, aus Kunststoff wertvolles Rohöl rückzugewinnen, welches wiederum zur Plastikproduktion verwendet werden kann.

 

Unterstützen Sie aktiv Initiativen zur Sammlung oder zum Recycling der Kunststoffe, die Sie produzieren oder in Ihrem Produktionsprozess verwenden?

Für BASF stellt die gemeinsame Einbeziehung verschiedener Interessensgruppen einen wesentlichen Aspekt für einen funktionierenden Recycling-Ansatz dar. Beispiel für eine solche Kooperation ist die neugegründete „Alliance to End Plastic Waste“, an der über 30 Unternehmen aus der gesamten Wertschöpfungskette für Kunststoffe und Konsumgüter teilnehmen. Die Unternehmen, darunter auch zahlreiche der von uns kontaktierten Unternehmen, arbeiten mit Regierungen, Hochschulen, NGOs und der Zivilgesellschaft zusammen, um Lösungen voranzutreiben, die Plastikmüll in der Umwelt, insbesondere im Meer, reduzieren und beseitigen helfen. Konkret sollen über 5 Jahre 1,5 Milliarden Euro in das Projekt investiert werden.

 

Vor allem in Europa, aber auch im Rest der Welt wurden kürzlich einige Vorschriften zum Thema Plastik erlassen. Haben diese Vorschriften Auswirkungen auf Ihr Geschäft?

Die wohl bekannteste Regulierung der jüngsten Vergangenheit im Bereich Plastik ist das Verbot von Einwegplastik in der EU ab 2021. Spätestens dann müssen Strohhalme, Wattestäbchen, Plastikbesteck & Co. durch umweltfreundlichere Artikel ersetzt werden. Eni reagiert auf dieses Verbot mit einer Steuerung des Produktportfolios in Richtung von Anwendungen im Gebäude- und Gerätemarkt. Die Herstellung von Plastikprodukten für den einmaligen Gebrauch soll entsprechend eingeschränkt werden. Andere Unternehmen wie Lanxess, die EMS-Gruppe oder der belgische Konzern Solvay sind durch ihren Fokus auf Spezialkunststoffe mit einem in der Regel längerfristigen Lebenszyklus wenig bis gar nicht von dieser Richtlinie betroffen. Sie weisen jedoch darauf hin, dass in der Automobil- und Elektronikindustrie in vielen Ländern der Welt bereits strenge Vorschriften für die Entsorgung und das Recycling von Kunststoffen gelten und dass diese strikt eingehalten werden.

 

Wo sehen Sie die Zukunft von Plastik? Denken Sie, dass alternative Produktionsarten wie Biokunststoff eine ernsthafte Option sein könnten, um auf Rohöl zu verzichten?

Eni ist der Meinung, dass Kunststoffe in Form von innovativen Produkten in hohem Maße zum Wohl unserer Gesellschaft beitragen. Gleichzeitig leugnet Eni nicht, dass es noch wichtige Herausforderungen zu meistern gibt. Die Vision des Unternehmens ist es, eine vollständig integrierte Plattform zu schaffen, um Synergien nicht nur zwischen Produkten aus erneuerbaren Quellen, sondern auch mit den traditionellen Versalis-Lieferketten zu generieren. LyondellBasell geht davon aus, dass recycelte Kunststoffe und Kunststoffe, die aus nachhaltigen biobasierten Rohstoffen hergestellt werden, eine zunehmende Rolle für das Unternehmen spielen werden. Ein vollständiger Übergang weg von der Verwendung fossiler Brennstoffe wird jedoch vermutlich Jahrzehnte dauern. Für BASF gibt es im Zusammenhang mit Plastik kein einfaches Richtig oder Falsch. Vielmehr ist es der Lebenszyklus des Kunststoffs, der definiert, ob es sich um eine wertvolle nachhaltige Lösung oder eine Herausforderung handelt. In dieser Hinsicht sind Produktion, Verwendung und End-of-Life-Phasen entscheidende Faktoren, die bewertet werden müssen. Aus diesem Grund prüft BASF ständig alternative Wege und Ressourcen, um einen geringeren CO2-Fußabdruck zu erzielen, und verpflichtet sich zu innovativen Recyclingtechnologien, um die Nachhaltigkeit ihrer Produkte kontinuierlich zu optimieren.