CO2-Kompensation

CO2-Kompensation

Die beim Flugverkehr wie bei jeder Form der Energienutzung aus fossilen Energieträgern entstehenden CO2-Emissionen können nicht gänzlich verhindert, jedoch an anderer Stelle eingespart werden. Durch die Unterstützung von Klimaschutzprojekten, also die Finanzierung von Treibhausgas mindernden Investitionen, werden CO2-Emissionen im Ausmaß der verursachten Emissionen reduziert und somit eine CO2-Kompensation erreicht. Es geht also um die Finanzierung von Aktivitäten, die den Ausstoß von Treibhausgasemissionen gegenüber dem Business-as-usual-Szenario vor Ort tatsächlich verringern und damit die eigenen Emissionen ausgleichen helfen.

Mag. Wolfgang Pinner
Leiter Sustainable and Responsible Investment bei Raiffeisen Capital Management

Wolfgang Pinner

UNTERSCHIEDE BEI DER BERECHNUNG

Die Berechnungen der Kosten für eine CO2-Kompensation sind sehr unterschiedlich. Ein Marktcheck des Verbraucherzentrale Bundesverbandes in Deutschland zur Kompensation von Flugreisen zeigt, dass nur drei spezialisierte Dienstleister die Emissionen von Flügen korrekt berechnen und auf die Qualität der CO2-Ausgleichsprojekte achten. Generell kann gesagt werden, dass Fluggesellschaften durchwegs einen zu niedrigen CO2-Wert zur Kompensation angeben. Wer die CO2-Emissionen seines Urlaubs kompensieren möchte, sollte sich daher an die spezialisierten Kompensationsagenturen halten.

Empfehlenswerte Anbieter einer CO2-Kompensation unterstützen beispielsweise ausschließlich solche Kompensationsprojekte, die mit dem „Gold Standard“ zertifiziert sind. Der Gold Standard ist ein Qualitätsstandard für CO2-Kompensationsprojekte, der sicherstellt, dass die Projekte den derzeit höchsten Ansprüchen gemäß dem Clean Development Mechanism, für den die Vereinten Nationen die Kriterien festgelegt haben, entsprechen. Generell kennzeichnen Gold-Standard-Projekte zusätzlich soziale und Umweltaspekte, die zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen beitragen. Dieser Standard findet bei UN-registrierten Projekten als Zusatzstandard (Gold Standard CER) und seit 2006 auch im freiwilligen Markt zum Teil Anwendung (Gold Standard VER, Voluntary Emission Reductions). Während der Zertifikatstyp CER auch im internationalen Emissionshandel verwendet wird und daher eine hohe Projektqualität und Transparenz garantiert, gibt es bei der freiwilligen Kompensation auch sogenannte verifizierte Emissionsreduktionen (VER). VER werden zwar von Sachverständigen überprüft, einheitliche Standards und ein zentrales Anerkennungsverfahren fehlen aber.

 

QUALITÄTSKRITERIEN

Zur Erfassung der Güte von Qualitätsstandards müssen viele Eigenschaften geprüft werden. Das Kriterium der „Zusätzlichkeit“ bedeutet, dass die Klimaschutzmaßnahme des Projekts ohne die zu erwartenden Erlöse aus dem Verkauf der Zertifikate nicht stattgefunden hätte. Weiters muss eine Emissionseinsparung dauerhaft sein. Bei Wald- und Moorschutzprojekten existieren Risiken wie Waldbrände, Schädlingsbefall oder illegale Abholzung. Vertrauenswürdige Qualitätsstandards nutzen zur Entwicklung von Klimaschutzprojekten nur genehmigte Vorgaben (Methodologien), die unabhängig und extern geprüft wurden, Transparenz ist in diesem Zusammenhang von größter Bedeutung, sie dient sowohl der Überprüfbarkeit als auch der Nachvollziehbarkeit.

Klimaschutzprojekte können entweder Ex-ante-Zertifikate (vor der realisierten Minderung) oder Ex-post-Zertifikate (nach der tatsächlichen Minderung) ausgeben. Ex-ante-Kompensationen bergen das Risiko, dass die Emissionsminderungen nicht wie geplant realisiert werden. Jedenfalls sind Doppelzählungen zu vermeiden und Stakeholder in die Realisierung der Klimaschutzprojekte miteinzubeziehen. Ein Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung am Projektstandort, wie etwa auf Basis der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs), ist wünschenswert.

Eine realistische Berechnung der CO2-Emissionen ist Bedingung, um eine angemessene Kompensation für eine Flugreise zu erreichen. Dabei sind zumindest die Flugdistanz, die Zwischenlandungen und der RFI-Faktor relevant. Der RFI-Faktor, der Radiative Forcing Index, berücksichtigt den erhöhten Treibhauseffekt durch die großen Flughöhen. Viele Fluggesellschaften kalkulieren diesen Faktor bei der Berechnung der Treibhausgase nicht mit ein. Bei der Betrachtung aller Emissionen des Flugverkehrs zusammen ergibt sich aus der Berücksichtigung des RFI, dass die Erwärmungswirkung des Flugverkehrs im Durchschnitt rund drei- bis fünfmal größer ist als der aus dem reinen CO2-Ausstoß errechnete Effekt.

Generell kann man zwei Angebotstypen für Kompensationszahlungen unterscheiden. Die meisten Anbieter einer CO2-Kompensation finanzieren Klimaschutzinvestitionen vor allem in Entwicklungsländern. Für diese ist der bereits erwähnte Gold Standard eine wichtige Orientierung für die Qualität der Projekte. Selten werden zur Kompensation auch Emissionszertifikate aus dem Europäischen Emissionshandel (EU-ETS) aufgekauft und gelöscht.

Flugverkehr im Kontext der drei Nachhaltigkeitsdimensionen des ESG:

ESG ist die englische Abkürzung für „Environment-Social-Governance“, also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Der Begriff ist international sowohl in Unternehmen als auch in der Finanzwelt etabliert. Er drückt aus, ob und wie bei Unternehmensentscheidungen, in der unternehmerischen Praxis und bei Firmenanalysen von Finanzdienstleistern ökologische und sozial-gesellschaftliche Aspekte betrachtet und bewertet werden.

ESG - Environment

E (Environment):

Der in der Luftfahrtindustrie verwendete Treibstoff Kerosin ist ein nicht unbedeutender Faktor in der Diskussion zum Thema Klimawandel, der Anteil des Flugverkehrs am Treibhauseffekt wird auf 3,5 % geschätzt. Dazu kommt die durch die Flugbewegungen hervorgerufene Verunreinigung von Luft und Wasser.

ESG - Social

S (Social):

Vor allem Anrainer sind von der Lärmbelästigung durch den Flugverkehr betroffen. Durch regulatorische Besserstellungen wie die Nicht-Besteuerung von Flugtreibstoff werden die sogenannten Billigflüge ermöglicht, die für weite Teile der Bevölkerung eine wichtige Komponente des subjektiv empfundenen Wohlstandes darstellen.

ESG - Governance

G (Governance):

Nationale Carrier und prestigeträchtige Flughafenbauten verhindern oft den im Vergleich zu anderen Transportmitteln fairen Umgang mit dem Thema Flugverkehr durch die jeweiligen Regierungen.

Fazit: Für Raiffeisen Capital Management ist die nachhaltige Ausgestaltung des Transportwesens ein wesentliches Thema. In unseren Investments zählen Fluglinien derzeit nicht zu den investierten Branchen.

Erfahren Sie mehr in unserem Nachhaltigkeitsmagazin NACHHALTIG Investieren – Ausgabe 27 zum Thema Flugverkehr.